Der Bergwolf -The Mountain Wolf

Das böse Tierim irischen Märchen
Das böse Tier als Mythos

Der Bergwolf

 

Das irische Märchen "Der Bergwolf", "The Mountain Wolf", erzählt von Sinéad de Valera, spricht von einem Knaben, Fiachra, der zur Strafe von Fehlverhalten in einen Bergwolf verwandelt wird. Viele europäische Märchen-Motive finden sich in dem irischen Mythos, für den dieses Märchen typisch ist.

 

Ein reicher Mann namens Brendan und seine Frau Cliona hatten drei Kinder, Ruairi, Fergus und Brian. Sie wurden von Sheila beaufsichtigt, die schon Amme ihrer Mutter war. Alle lebten in den Kerry Bergen.

 

Sheila erzählte den Kindern von Fiachra, einem Buben, der in einen Wolf verwandelt worden war, weil er ein wildes Tier mit einem Stock geschlagen hatte. Der Zauber würde erst aufgehoben werden, wenn jemand Fiachra bei seinem Namen rief.

 

Die Mutter der drei Buben wurde von Wespen gestochen, als sie die Kinder vor diesen schützen wollte; und die Wespenstiche wollten nicht heilen. Da trafen die Kinder Conn, den Geschichten-Erzähler. Der kündete ihnen von einem Beeren-Strauch mit wunderbarer Heilkraft.

 

Ruairi und Fergus schlichen in der Nacht in den Wald, um die heilkräftigen Beeren zu holen. Obwohl sie Äxte mitnahmen. rannten sie vor dem Wolf davon. Da holte Brian sich Rat von Sheila, die ihm noch einmal den Namen Fiachra wiederholte. Brian ging in den Wald, wo er den Wolf traf. Er fürchtete sich vor dem Wolf, aber er lief nicht weg wie seine Brüder. Er schrie den Namen "Fiachra" laut heraus, dann sank er zu Boden.

"Zwei freundliche Arme halfen ihm, auf seine Füße zu kommen." Fiachra, der seine eigentliche Gestalt wieder gewonnen hatte, stützte ihn. Fiachra erklärte: "Der Zauber ist gebrochen. Ich kann wieder zu meiner Mutter gehen."

 

Nun erzählte Brian von seiner Mutter. Sie suchen gemeinsam die heilenden Beeren. Sie fanden die kostbaren Beeren, und Conn, der Geschichten-Erzähler, unterwies sie, wie sie anzuwenden waren.

 

Brians Mutter wurde wieder gesund. Beide Mütter freuten sich sehr.

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Irische Märchen ähneln eher Sagen, da nicht nur Personen-Namen, gebräuchliche, nicht symbolische, sondern auch Ortsnamen verwendet werden. Die Pflegemutter oder die Stiefmutter ist ein gebräuchliches Motiv. Archetyp sind die beiden bevorzugten Brüder, die versagen, während der verachtete Jüngste die Aufgabe löst. Im irischen Märchen haben die Brüder Namen.

In den europäischen Märchen ist es eher ein König, der geheilt werden soll, oder der Vater, der ein Erbe zu vergeben hat. Der Mächtige mit einem Gebrechen, der von senen Söhnen, Untergebenen, geheilt werden soll, wobei die Untüchtigen, Nachlässigen versagen und der Verachtete, der verlässlich ist, der Mitleid zeigt, Erfolg hat, ist wohl auch ein Archetyp. Im irischen Märchen allerdings handelt es sich nicht um einen Mächtigen, sondern um die gesellschaftlich gleichwertige Mutter.

Auch die heilende Speise, die mit viel Mühe gesucht werden muss, wobei die Suche mit Lebensgefahr verbunden ist, ist ein Archetyp in Märchen.

Der Geschichten-Erzähler ist ein Motiv wohl ausschließlich in den irischen Märchen. Die außerirische europäische Erzählkultur spart diesen aus. Auch dass eine Erzählung nur mit der Gesundung, ohne Erbe und Hochzeit endet, kommt in der außeririschen europäischen Erzählkultur eher nicht vor.

 

 

 

THE MOUNATAIN WOLF

 

Wenn man die von Sinéad de Valera erzählten irischen Märchen und Sagen mit denen der Gebrüder Grimm vergleicht, so fällt auf, dass die irischen Märchen wesentlich lebensnaher wirken als die deutschen. Das zeigt sich im Detail der Landschaft, darin, dass die Personen, wenn auch in gleicher Konstellation, mit Namen bedacht sind und mit mehr Details als nur etwa "der jüngste Bruder" charakterisiert werden. Auch wird auf historische Details eingegangen. Als Beispiel mag die irische Sage "The Mountain Wolf" gelten.

 

Im "Mountain Wolf" finden sich etliche Elemente, die für Märchen und Sagen, speziell irische, typisch sind.

 

So wie in "The Stolen Crown" oder etwa im Märchen "Rapunzel" der Gebrüder Grimm oder in "Romeo und Julia" von Shakespeare, finden wir die Pflegemutter, typisch für das irische Märchen hier mit dem Namen Sheila. Die Pflegkindschaft war in der altirischen Kultur ein übliches Phänomen.

 

Menschen verwandeln sich in Tiere und helfen als solche anderen Menschen. Hier verwandelt sich Fiachra in einen Wolf.

 

Die Geheimhaltung und Nennung des Namens

 

hat Konsequenzen wie in dem Märchen "Rumpelstilzchen" der Gebrüder Grimm oder hier "Fiachra".

 

Typtisch irisch ist der Geschichten-Erzähler Conn,

 

der auch mit Weisheiten aufwarten kann. Bis weit ins 20. Jahrhundert gab es in Irland die ausschließlich mündlich erzählenden Wanderpoeten, die ihre Erzählungen nur mündlich so verbreiteten, dass im Süden Irlands eine Sage oder ein Märchen von einander sich nicht kennenden Erzählern gleich erzählt wurde. Dann bemächtigten sich die modernen Medien dieser Erzähler und diese Art der Erzähl-Kultur gibt es heute wohl nicht mehr.

 

Der junge Mann Brian muss sich bewähren und tut das auch. Dies ist ein archetypisches Element dieses irischen Märchens (Siehe "Archetypen" auf dieser Jimdo-Seite). Der Wolf hilft ihm wie im Märchen "Wasser des Lebens" der Gebrüder Grimm der Fuchs der Hauptgestalt hilft. Nicht wie im "Wasser des Lebens" bewährt sich im irischen Märchen auch der jüngere Bruder.

 

Insgesamt gewinnt das irische Märchen dadurch, dass die Hauptgestalten Namen haben und ihr Charakter und ihr Umfeld genau beschrieben werden, an Fülle.

 

In der irischen Sage "The stolen Treasure" wird der "chieftain" (in Grimm-Märchen der König) mit Namen genannt, ein Familien-Clan mit Vorfahren und Pflegemutter beschrieben und im Detail eine Liebesgeschichte des dritten Bruders geschildert.

Die Sage spielt so in einem kleinen, genau geschilderten, überschaubaren Rahmen.